Ich sitze in meinem Sessel am Fenster, vor mir eine dampfende Tasse Tee. Draußen ist es klirrend kalt und ich genieße es, so entspannt hier zu sitzen. Ich denke zurück an die vergangenen Wochen und vor allem an eine Sitzung, die ich gestern erhalten habe, bei der es endlich so richtig Klick gemacht hat.
„Du, Gott, warum musste ich denn so oft an dem Thema arbeiten, bis ich das gestern verstanden habe?“, frage ich nachdenklich. Da taucht Gott in einem Sessel neben mir auf und lächelt mich milde an. „Mein liebes Kind, ich kann dich nicht zu deiner Heilung zwingen. Manche Dinge konntest du vorher einfach nicht wahrnehmen.“
Ich runzle die Stirn. Dem ungeduldigen Teil in mir geht das gegen den Strich, denn hallo?!, reden wir hier mit dem Allmächtigen oder etwa nicht? Da kichert Gott doch tatsächlich. „Denk nochmal nach, was du da gerade gedacht hast, Lorena.“ – „Hm, ich glaube, eigentlich würde das gar keinen Spaß machen, wenn alles mit einem Schnipser gelöst und gelernt wäre.“ Anerkennendes Nicken von Gott. „Was noch?“, fragt er. „Na ja, wir haben einen freien Willen“, ergänze ich. „Das heißt auch, dass wir immer die Wahl haben und vielleicht hat ein Teil von uns noch gewählt, dass er etwas noch länger behalten will.“
Gott strahlt mich an und nickt. Ich habe wohl den Kern getroffen, aber irgendwie bin ich nicht zufrieden. „Aber… Ziehe ich die Menschen, die zu mir kommen, dann nicht über den Tisch, wenn ich ihnen sage, dass sie vielleicht nochmal wieder kommen sollten?“, frage ich zögerlich. Ich traue mich kaum, das auszusprechen, denn ich will nicht wie ein Scharlatan wirken, der möglichst viel Geld scheffeln will.
„Lorena, wer behauptet, alles mit einer Sitzung auflösen zu können, der lügt. Das ganze Leben ist dazu ausgelegt, Wissen und Erfahrungen zu sammeln, Dinge zu erleben und zu lernen. Das nimmst du ja den Leuten nicht ab. Und es liegt nicht in deiner Verantwortung, wie viel Heilung sie zulassen. Du kannst in jeder der Sitzungen dein Bestes geben, das ist ein guter Anspruch, aber du kannst nicht die Verantwortung übernehmen. Außerdem geht es den anderen oft nicht anders als dir. Manchmal braucht es Zeit, bis sie Dinge annehmen können oder sie müssen noch Erfahrungen machen, um etwas erkennen zu können. Natürlich kannst du ihnen helfen, indem du sie an die Hand nimmst und auf Dinge aufmerksam machst, die sie sonst vielleicht nicht wahrnehmen könnten. Aber es bleibt ihre Entscheidung, ob sie das schon annehmen wollen, oder ob sie noch ein bisschen brauchen.“
Das muss ich erst einmal sacken lassen. So langsam dämmert mir, was er meint. Ja, ich bin Heilerin und ich helfe durch meine Fragen, durch die Energie, die ich fließen lasse und die Sicherheit, die ich gebe, dass Menschen heil werden können, ihre Perspektive wechseln können und sich selbst anders wahrnehmen können. Dadurch geht alles schon schneller, als wenn man sich alleine abstrampelt. Aber jeder Mensch ist selbst Heiler für sich und für sich selbst verantwortlich. Ich reiche nur die Hand, begleite ein Stück des Weges und helfe, Steine aus dem Weg zu räumen. Ja, damit kann ich meinen Frieden machen.